Die Not und das Glück des Fischers Jedro

Vor langer Zeit lebte der Bauer und Fischer Jedro in Raddusch. Er war fleißig und bearbeitete mitten im Spreewald auch eine Ackerfläche, die er mit Flachs und Tabak bestellte. Doch das Glück war ihm nicht hold, die jährlichen Hochwasser vernichteten ihn immer wieder die jährliche Ernte, auch die Fischerei blieb deswegen beinahe ertraglos, Armut plagten Jedro und seine Frau.
Eines Tages sagte Jedro zu seiner Frau: "Frau, wir haben nichts mehr zu verkaufen. Den Flachs haben wir verloren, der Tabak ist verdorben - mir bleibt nur die Fischerei!".

Am nächsten Morgen stakte er mit seinem Kahn hinaus in den Spreewald. Er setzte die Netze, aber fing kaum einen Fisch. Der Verzweifelung nahe versuchte er es immer wieder, "noch ein letztes Mal" murmelte er vor sich hin, wenn er die Netze immer wieder erneut stellte. Als er dabei eher zufällig mal auf die andere Uferseite sah, wollte er plötzlich seinen Augen nicht mehr trauen: Dort hatte sich ein riesiger Hecht in den Uferwurzeln verfangen, der sich mit heftigen Schlägen zu befreien versuchte. "Solch ein Prachtexemplar habe ich ja noch nie gesehen!" entfuhr es ihm freudig. Gerade als er den Hecht packen wollte, fing dieser zu seinem Erstaunen an zu sprechen: "Fischer, töte mich nicht, schenke mir die Freiheit wieder, es wird sich für dich lohnen!" Der über den sprechenden Fisch heftig erschrockene Jedro war nun hin und her gerissen: Einerseits würde ihm der Fisch auf dem Markt sicher viel Geld bringen, andererseits tat ihm der Fisch leid. Kurz entschlossen befreite er ihn von seinen Fesseln und warf ihn in die Mitte des Fließes. Der Hecht bedankte sich: "Fischer, du hast mir die Freiheit geschenkt und ich stehe nun in deiner Pflicht. Wenn du Hilfe brauchst, so rufe mich!" Dann tauchte er ab. Zuhause, wieder nur mit ein paar Plötzen angekommen, erzählte seiner Frau von der Geschichte mit dem Hecht. Die Frau wurde zornig und schimpfte mit ihm, weil er sich solch eine Gelegenheit hatte entgehen lassen. Auch in der nächsten Zeit blieben die Netze leer, und er rief in seiner Not den Hecht. Sehr zu seinem Erstauen war er auch sofort da, der Fischer schilderte ihm seine Not. "Setze nur deine Netze aus, ich werde dafür sorgen, dass sie immer voll sind", versprach der Hecht - und hielt Wort. Die Armut der Jedros war für immer vorbei, noch heute hört man ihn an stillen Abenden durch den Spreewald rufen: "Hecht, ich danke dir!"

leicht gekürzt; Quelle: Manfred Kliche, Raddusch


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